Homer wird ein treffendes Zitat über den Krieg zugeschrieben: „Im Frieden begraben die Söhne ihre Väter, im Krieg aber begraben die Väter ihre Söhne“. Doch noch bevor der erste Soldat im Krieg fällt, so weiß es das Sprichwort, stirbt als erstes Opfer des Krieges die Wahrheit. Die Schlagzeilen über den Krieg in der Ukraine häufen sich. In Russland war es von Anfang an verboten, von „Krieg“ überhaupt zu sprechen oder zu schreiben, denn es handele sich nur um eine „Sonder-Militäraktion“. Fast stündlich erscheinen in den Leitmedien und in den sozialen Medien neue Berichterstattungen, Videos und Kommentare zur kriegerischen Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und Russland. Wir erfahren dabei auch viel über die Manipulation und Instrumentalisierung, über Zensur und Desinformation, über die staatliche Steuerung der russischen Medien und die Überwachung öffentlicher Äußerungen. Unabhängige Berichterstattung über den Krieg steht in Russland unter harten Strafen. Anti-Kriegs-Demonstranten wurden dort sehr schnell verhaftet. Das immer dichtere und komplexere Netz von Propaganda ist für den einfachen Bürger praktisch undurchschaubar. Der Kreml strebt mit dem Sperren von Internetseiten ein Informationsmonopol an, wie es sonst nur in China herrscht. Während wir im Westen mit einer Flut von Informationen konfrontiert werden, von der sich auch nicht behaupten lässt, dass sie objektiv oder gar wahrhaftig über den Krieg berichten kann. In Kriegszeiten wird deutlich, wie die Sprache zur Waffengattung wird. Dabei geht es durchaus auch um Feinheiten und nicht nur um die offene Rede von Grausamkeit, Hass und Verteufelung des Gegners. Das war schon im zweiten Weltkrieg so, als vom Luftkrieg „deutscher Kampfflieger gegen britische Flugzeuge“ berichtet wurde, da „Kampfflieger“ offensichtlich ein deutlich gefährlicheres Bild abgaben als „Flugzeuge“. So wurde die deutsche Luftwaffe als überlegen präsentiert. Und das war, wie wir heute sicher sagen können, nicht die ganze Wahrheit. Doch es ist nicht nur die Veränderung der Sprache, welche die Propaganda im Krieg gestaltet. Das Weglassen von ausgewählten Informationen und Zensieren von nicht passenden Meinungen und Bildern ist ebenso eine angewandte Art. Die russischen Medien berichten 2022, ähnlich erstaunlich wie Deutschland 1939 davon, dass es sich um einen Verteidigungskrieg handelt, selbst wenn die Absurdität der Sprache russischer Propaganda aus dem jüdischen Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskyj einen Nazi macht. Mit der Erzählung, das heroische Ziel der Militäraktion in der Ukraine sei ihre Entnazifizierung, vergrößert Russland den antirussischen Faschismus der ukrainischen Asow-Brigade, um das eigentliche Ziel zu verschleiern: die Sicherung und Vergrößerung der Einflusssphäre. Allerdings ist die manipulierende Sprache und staatliche Propaganda keineswegs eine nur von autokratischen Staaten genutzte Technik. Auch in der westlichen Welt wird professionell mit Falschinformationen und Propaganda hantiert. Die sozialen Medien spielen für die westliche Propaganda eine fundamentale Rolle, denn durch sie sind die Kriegsgeschehnisse und die Reaktionen näher und schneller am Benutzer. Allerdings findet hier nicht zwingend eine objektivere Berichtserstattung statt, vielmehr sind die Botschaften der hochgeladenen Inhalte an der Meinung des jeweiligen Publizisten orientiert. Zwar wird auch auf den traditionellen Leitmedien über den Krieg informiert, allerdings sind diese aufgrund der sorgfältigeren Daten-Recherche nicht so aktuell wie die Social-Media-Kanäle. Einfacher wird es dadurch es nicht, sich ein Bild zu machen, da der Unterschied zwischen Fakten und Meinungen im Internet und den Sozialen Medien fast unerkennbar ist, und somit wir auch im Westen einer Flut von Falschinformationen ausgesetzt sind.