Welche Position bezieht Europa zu Russland?

Ein politischer Kommentar aus der Abiturklasse im Winter vor dem Krieg


Die Skyline von Sewastopol auf der Krim,  2014 von Russland annektiert. Quelle: Wikipedia
Die Skyline von Sewastopol auf der Krim, 2014 von Russland annektiert. Quelle: Wikipedia

Keine Institution verkörpert den Kontinent Europa in einem Maße, wie die Europäische-Union. Geleitet vom Gedanken der Freiheit und geführt durch das demokratische Regierungsverständnis erstreckt sich das multilaterale Staatenbündnis vom Atlantik bis hin zum Schwarzen Meer und in den Norden Skandinaviens. Im Osten jedoch erreichen die demokratischen Ideale vom Selbstbestimmungsrecht der Völker ihre territorialen und ideellen Grenzen am Machtanspruch Russlands, das sich seit 2014 mit der Ukraine in einem Konflikt um territoriale Ansprüche befindet. Es entstanden viele Meinungen und Positionen zu diesem Konflikt. Die einen sehen darin einen klaren Verstoß gegen das Budapester Memorandum von 1996, in dem auch Russland die Souveränität der neuen Staaten anerkannte.  Diese meinen, dass ein solcher Verstoß geahndet werden müsse, während andere empfehlen, dass man sich lieber nicht noch weiter in die russische Sphäre einmischen sollte.  Die Haltung der EU ist hierbei pro-ukrainisch, jedoch ist sie zeitgleich auf die Erdgas-Ressourcen des großen  Flächenstaats Russland angewiesen. Somit stellt sich die Frage, ob die EU wirklich härter auf den Kreml einwirken sollte? In der Folge des Zerfalls der UDSSR im Jahr 1991 wurde das Atomarsenal unter den Staaten, Russland, Weißrussland, Kasachstan und der Ukraine aufgeteilt. Um zu verhindern, dass neben der russischen Föderation weitere Atommächte hervortreten, forcierten die USA zusammen mit dem Vereinigten Königreich und Russland ein Abkommen, welches die Abrüstung dieser Nuklearwaffen vorsah. Als Gegenleistung verpflichteten sich die drei Staaten dazu, die Souveränität und die bestehenden Grenzen der Länder zu achten. Wie sich 2014 jedoch zeigte, hat nicht jede Vertragspartei die gleichen Vorstellungen von diesem Abkommen. Russische Truppen okkupierten nämlich die Krim-Halbinsel und den darauf liegenden Marinestützpunkt Sevastopol. Somit verstieß Russland gegen das Abkommen, was zu internationaler Empörung führte. Der Kreml unterstützt seine Aktionen jedoch mit Verweisen auf die Historie dieser Region. Denn die Krim hat keineswegs schon immer zu der Ukraine gehört, vielmehr war diese nämlich Jahrhunderte lang unter russischer Verwaltung. Auch nach der Oktoberrevolution und Machtergreifung der Kommunisten war die Krim in der neugeformten Sowjetunion zunächst unter russischer Aufsicht. 1953 änderte sich dies jedoch, nachdem mit Nikita Chruschtschow der erste ukrainische und nach Lenin und Stalin der dritte Vorsitzende der KPDSU nach Stalins Tod an die Spitze der Macht kam und ein Jahr später die Halbinsel unter ukrainische Kontrolle stellte. Dies war zunächst im Machtgefüge der UDSSR kein Problem. Aber nach dem Zerfall der Sowjetunion verlor Russland den Zugang zur Halbinsel und wurde in seinen maritimen und politischen Möglichkeiten in der Schwarzmeer-Region eingeschränkt. Aber auch die EU trug zu diesem Konflikt bei, da sie in Folge ihrer Osterweiterung des Jahres 2004 in die ehemalige sowjetische, nun russische Sphäre Einfluss nahm. Gleichermaßen sorgten mehrere NATO-Beitritte ehemaliger Ostblockländer zu einer weiteren Erhöhung des Drucks auf Russland. Seit 2014 wurden von der EU aus in zunehmendem Maße Sanktionen gegen Russland verhängt. Die EU ist aber für ihre ehrgeizige Energiepolitik auch auf die Erdgas-Lieferungen durch Russland angewiesen, unter anderem wurde hierfür zwischen Deutschland und Russland eine Gaspipeline in der Ostsee gebaut. Diese ist bis jetzt noch nicht in Betrieb genommen. Aus den USA und aus den europäischen Ostländern kommt gegen diese Pipeline heftiger diplomatischer Protest. Die Transitländer des derzeitigen Gasflusses darunter die EU-Mitglieder Polen, Tschechien, Ungarn, aber auch das nicht EU-Land Ukraine haben die Sorge, dass Russland die energiewirtschaftliche Abhängigkeit als Machtmittel missbrauchen wird und dass Russlands Politik mit dieser Macht noch aggressiver werden könnte. Deutschland und auch die EU versichern zwar, dass diese Länder weiterhin Transitländer bleiben und auch politisch gestützt werden. Jedoch war eine gemeinsame EU-Außenpolitik nicht wirklich erfolgreich.  Das Problem der EU hierbei ist, dass sie die Ukraine zwar aktiv unterstützen und auch gemeinsam einen klaren Kurs gegen Russland fahren will. Dies ist allerdings aufgrund der Uneinigkeit im Staatenbündnis nicht wirklich möglich. Vielmehr kommt es bei Entscheidungen zu außenpolitischen oder sogar verteidigungspolitischen Handlungen hauptsächlich auf die Einzelstaaten oder auf ein konzertiertes Vorgehen einiger weniger Mitgliedstaaten an. Denn auch wenn die EU ein wirtschaftlicher Gigant ist, bleibt sie ein außenpolitisches Leichtgewicht, weil z.B. die Abhängigkeit von russischem Gas so kontrovers bewertet wird und die Politik der Mitgliedsstaaten entsprechend uneinig ausfällt.