Wer kennt es nicht: WhatsApp, Nachrichten, Snapchat? Gleich nach dem Aufstehen seine Posts checken und die neusten Beiträge von anderen anschauen. Die heutige Kommunikation hat sich verändert. Soziale Medien sind unser täglicher Begleiter geworden und regeln unser modernes Leben. Doch was passiert mit dem Menschen, wenn er immer mehr Austausch über Social Media führt und weniger in der realen Welt?
Die Sozialen Medien zeigen die Blütezeit einer Person. Besonders auf "Instagram" wird viel Zeit und Mühe in einen einzigen Post gesteckt. Bilder werden mit Filtern verschönert und durch Apps wie "Facetune" völlig verzerrt und verfremdet. Kaum ein Bild ist noch ein echter Schnappschuss. Man sieht selten, was wirklich vor der Kamera passiert ist. Außerdem verändern sich die Erwartungen. Nicht nur die Erwartungen «von außen», sondern vielmehr die Erwartungen «von innen», also die, die man an sich selber hat, haben sich dramatisch verändert. Automatisch vergleichen wir uns mit den Models und senken dadurch unser Selbstwertgefühl. Die Diätkultur hat sich seit 2000 verdoppelt und Essstörungen wurden nach Depressionen zur zweit-verbreitetsten mentalen Krankheit. Nur jeder Vierte ist mit seinem aktuellen Körpergewicht zufrieden (Appinio, 2018). Wenn es früher galt, Schönes zu genießen, so gilt es heute mehr denn je, Schönes zu zeigen und zu verzichten. Ablichten statt erleben, speichern statt genießen, konservieren statt erfahren. Sekunden später gehen die ersten Herz-Emojis ein. Die Früchte des echten Lebens werden kaum noch genossen, sondern nur noch aufgenommen und hochgeladen. Dadurch schätzen immer weniger Menschen ihre eigentliche Bedeutung und ihren Wert. Der Geschmack der Früchte verblasst, weil wir sie nicht genießen, sondern ablichten.
Laut einer Studie der DAK-Gesundheit und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen, vom März 2018, ergab sich, dass bereits heute rund 100.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland abhängig von den Sozialen Medien sind. Wir werden zu Dokumentarfilmern unseres eigenen Lebens. Beitrag um Beitrag, Foto um Foto, Video um Video erschaffen wir uns unsere eigene kleine Erzählung, Parallelwelt, vor allem aber Scheinwelt. Kaum einer zeigt sich so wie er ist, sondern so wie er gesehen und in Erinnerung behalten werden möchte. Mundwinkel nach oben anstatt nach unten! Es ist aber kein Geben und Nehmen, das zwischen den parallelen Welten stattfindet, es ist eine Einbahnstraße. Der Hunger nach Aufmerksamkeit und Bestätigung findet kein Ende. Alles wird getan, sogar die eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt, damit das tatsächlich unerreichbare, angeblich so perfekte Leben im Schein der kleinen Displays aufrechterhalten werden kann und die User auf den Accounts lebendig weiter interagieren. Zwischen Oktober 2011 und November 2017 sind mehr als 250 Menschen bei dem Versuch gestorben, ein spektakuläres Selfie zu schießen (Journal of Family Medicine and Primary Care, 2017).
Wenn man Soziale Medien nicht täglich nutzt wird man schnell als zurückgeblieben und langweilig abgestempelt. Eigentlich gibt es andere Probleme, mit denen sich die Menschen den Kopf zerbrechen sollten. Heute sind die Erwartungen an das perfekte Leben so hochgeschraubt, dass die Menschen ihre normalen menschlichen Schwächen nicht mehr zeigen. Es wird nur die bessere Hälfte des Lebens gezeigt, als wäre es die Einzige. Durch die Augen von Kindern oder Jugendlichen blickend ist es schwer das Süße vom Bitteren zu unterscheiden. Sie stellen sich meist das spätere Leben genauso vor wie es ihnen auf dem Serviertablett medial präsentiert und jeden Tag im wörtlichen Sinn unter die Nase gerieben wird.
Den Vorhang mal fallen zu lassen und sich echt zeigen zu wollen braucht Mut. Das kann nicht in der Öffentlichkeit des Internets geschehen, denn mit der Macht der Anonymität können Menschen andere über soziale Netzwerke verbal angreifen. Selbst Cybermobbing ist weitgehend durch die Meinungsfreiheit geschützt, und solange ein Mobber nicht in den Bereich der eindeutigen Verleumdung vordringt, kann er juristisch nicht belangt werden. Was auf der anderen Seite dadurch ausgelöst wird, findet kaum Beachtung. Alle machen den Trend zum Unerreichbaren mit, egal auf wessen Kosten. Doch die Realität sieht anders aus. Verursacht wird ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist. Das Leiden der Jugend und der anhaltende Trend zur Entfernung aus dem realen Leben, sollte uns allen die Augen öffnen, zur Veränderung.